Der Anfang vom Ende ist gekommen.


Der Anfang vom Ende ist gekommen.

Wir wussten es. Seit Jahren. Seit dem 13. Februar 2017, wenige Wochen vor Pennys zweitem Geburtstag hatten wir Gewissheit: Penny ist positiv auf Leishmaniose getestet worden. Ein erster Test, den wir sechs Monate nach ihrer Einreise nach Deutschland gemacht hatten, war negativ. Ein zweiter Test, den wir einige Monate später gemacht hatten, weil sie immer wiederkehrende grauschwarze Krusten an den Ohrspitzen hatten und wir für verschiedene Mittelmeerkrankheiten sensibilisiert waren, war wieder negativ. Aber alle Behandlungsansätze schlugen fehl. Die Krusten wuchsen, fielen ab und kamen wieder. Es waren keine Milben, es war keine Allergie, und angeblich war es auch keine Leishmaniose. Keine Salbe half, kein kolloidales Silber, kein Manuka-Honig (davon schwollen ihre Ohrspitzen und wurden ödematös!). Penny störte das alles nicht wesentlich, da die Krusten offenbar nicht juckten, aber uns ließ es keine Ruhe, dass da etwas war, war nicht da sein sollte. Unser Tierarzt ließ nicht locker. Er machte ein Foto von den Ohren und zog einen anderen Tierarzt zurate. Ein dritter Leishmaniosetest wurde gemacht.

Leishmaniose positiv.

Und da war es dann: das deutlich positive Testergebnis (4,69 nach ELISA-Verfahren, alles über 0,9 gilt als positiv). Es war ein Schock, ich habe vor meinem geistigen Auge mein Hundekind sterben sehen. Ich war über Leishmaniose grob informiert – so wie es eben sein sollte, wenn man einen Tierschutzhund aus dem Mittelmeerraum adoptiert. Doch im Leben habe ich nicht damit gerechnet, dass es uns wirklich trifft. Ich war in den ersten Tagen komplett überfordert, hatte Angst vor dem, was auf uns zukommt. Im Internet findet man furchtbare Bilder von leidenden Leishmaniose-Hunden mit stumpfem Fell, kahlen Stellen, offenen Entzündungen und wuchernden Krallen, mit versagenden Nieren, mit Nasenbluten. Und unsere Penny war so ein wunderschönes, stolzes Mädchen, anmutig, mit glänzendem Fell. Ich konnte es nicht glauben – und wollte es auch nicht. Ich wollte einfach nicht, dass sie das hat. Nach nur anderthalb unbeschwerten Jahren mit Baby-Penny war ich noch nicht wieder bereit für einen todkranken Hund. Zu tief saßen noch die Eindrücke aus den letzten elf Monaten mit Murphy, der schwerst DCM-krank im September 2015 an seiner dritten Magendrehung starb.

Unser Tierarzt gab uns Allopurinol mit, eine Standardmedikation. Wir haben noch am gleichen Tag mit der Therapie begonnen und hofften, dass es reicht.

Nachdem sich der erste Schreck gesetzt hatte, fingen wir an zu kämpfen. Ich habe alles zur Leishmaniose gelesen, was ich im deutsch- und englischsprachigen Internet finden konnte. Ich habe mich in Foren und Facebook-Gruppen angemeldet, Bücher gekauft und gelesen, Purintabellen auswendig gelernt. Mein Mann recherchierte auf medizinischer Ebene und entdeckte ein Mittel aus der Humanmedizin, was wohl seit Jahren schon nicht mehr bei (kutaner, also die Haut betreffender) Leishmaniose eingesetzt wird, was aber erfolgsversprechend für uns klang. Unser Apotheker war bereit, das Medikament zu besorgen und daraus eine Salbe zu basteln, die wir Penny auf die Öhrchen schmierten. Beim Abholen der Salbe traf mich fast der Schlag: Unser Apotheker hat uns einen Sonderpreis gemacht, weil er das Projekt spannend fand, dennoch habe ich für einen winzigen Tiegel 100 Euro bezahlt. Aber was soll’s? 100 Euro sind nichts, wenn es Penny damit besser geht. Ihre Öhrchen wurden jeden Tag mit der Creme behandelt, und wenige Wochen später waren die Krusten weg und kamen nie wieder.

In den folgenden Monaten und Jahren gelang es uns zu verdrängen, dass Penny eigentlich todkrank ist, dass sie eine tickende Zeitbombe ist. Nur die Tage zwischen Blutabnahme und Übermittlung der aktuellen Testergebnisse waren furchtbar. Das Gedankenkarussell drehte sich dann immer besonders schnell, doch Penny blieb mehr oder weniger stabil. Die Eiweißelektrophorese, ein wichtiger Indikator für die Aktivität der Leishmaniose, war stets im Normbereich, Kreatinin und Harnstoff zwar im oberen, aber im Normbereich, der Leishmaniose-Titer hatte zwar zwischendurch mal einen kleinen Ausschlag nach oben, sank aber insgesamt ab auf 2,35 (Stand: Februar 2022).

Im August 2021 waren Kreatinin und Harnstoff zum ersten Mal aus der Norm gerutscht. Ganz minimal. Erst einmal noch kein Grund zur Sorge. Penny war fit, agil, voller Lebensfreude, immer hungrig, mittlerweile ein Herz und eine Seele mit ihrer „Schwester“ Kira. Sie zeigte keinerlei Anzeichen einer Nierenschädigung, daher waren wir wachsam, aber erst einmal nicht besorgt.

Die Niere ist geschädigt.

Am 21. Februar 2022 dann der Schock: Kreatinin und Harnstoff waren deutlich erhöht, nicht mehr mit einem Toleranzbereich in der Messung zu erklären. SDMA, ein Wert, der sehr sensibel auf Nierenprobleme reagiert, wurde nachgefordert. Drei weitere Tage mit Sorgen und Gedanken vergingen, bis wir Gewissheit hatten. Der Wert war deutlich erhöht, der Nierenschaden belegt. Wir konnten es nicht mehr schönreden, wir konnten nicht mehr ignorieren, dass auch eine super eingestellte Leishmaniose die Nieren schädigen kann. Im Internet habe ich die Information gefunden, dass die Niere schon zu 75% kaputt sein soll, bevor der SDMA-Wert überhaupt ansteigt.

Sie ist klinisch absolut unauffällig, was uns hoffen lässt, dass wir sie so stabilisieren können, dass sie noch eine Weile bei uns sein kann. Sie hat heute zum ersten Mal einen ACE-Hemmer bekommen, der ihren Blutdruck senken und die Durchblutung fördern soll. Ich hoffe so sehr, dass sie es nicht bemerken und ihre Lebens- und Bewegungsfreude nicht eingeschränkt wird.

Seit Monaten habe ich nicht mehr an meinem Blog gearbeitet, doch nun wissen wir, dass unsere Zeit mit Penny endlicher ist als wir gehofft haben. Noch haben wir noch die Chance, die Zeit mit ihr nicht nur zu genießen, sondern sie zu dokumentieren und hoffen, dass es noch ganz viel davon geben wird. Aber ich habe es bei meinem lieben Murphy gesehen: Ich wollte die Erlebnisse mit ihm aufschreiben, um mich immer an ihn erinnern zu können, doch als der Tag erst einmal gekommen war, war der Schmerz über den Verlust so groß, dass es nicht mehr ging. Ich konnte bis heute keine lustigen Geschichten mehr schreiben.

Wie viel Zeit bleibt uns noch?

Dass es nicht mehr viele, viele Jahre dauern wird, bis ich meine Penny bei ihrem letzten Gang über die Regenbogenbrücke begleiten muss, schnürt mir die Luft ab und es laufen die Tränen. Und wisst ihr, was Penny macht? Sie kommt zu mir und leckt meine Tränen weg. Kira möchte mitmachen, doch Penny lässt es nicht zu. Frauchen zu trösten war schon von jeher ausschließlich Penny-Job. Kira wird gerade lautstark gemaßregelt, und die beiden streiten sich – in meinem Gesicht. Kira… ich darf nicht daran denken. Sie vergöttert Penny.

Penny und Kira am 26.02.2022

Ich versuche, hier alle paar Tage ein Update zu geben, nicht nur für uns, sondern auch für alle, die Penny mögen. Ich hoffe, es werden viele schöne und lustige Updates, längere Geschichten, aber auch mal nur ein paar Zeilen. Es wird in der Zeit auch traurige Geschichten geben. Aber Hunde leben im Hier und Jetzt. Das wollen wir Penny zuliebe auch tun.

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