Der Beet-Opi


Wer uns schon länger kennt, dem ist der Beet-Opi ein Begriff. Beet-Opi war der Superstar unserer Facebook-Seite. Beet-Opi konnte nichts toppen. Daher darf diese Geschichte auch im Blog nicht fehlen. Sie noch einmal zu erzählen, fällt mir nicht besonders schwer, denn sie hat sich bis ins letzte Detail in mein Gehirn eingebrannt – nicht zuletzt, weil es kaum eine Familienfeier gibt, bei der nicht von Beet-Opi gesprochen wird.

Was an dem Tag geschah

Wer ist das nun, dieser Beet-Opi? Die Geschichte trug sich am 22. Dezember 2017 zu. Ein Tag, den der Große mit einem Skalpell aus dem Kalender gekratzt hat. Das Jahr ging zu Ende, Penny war mittlerweile etwas mehr als zweieinhalb Jahre alt und immer noch ein kleiner Satansbraten, der aber nach mehr oder weniger erfolgreich durchlaufener Pubertät gelegentlich auch schon recht erwachsene Tage hatte. Ob wir gerade zufällig so einen Erwachsenentag erwischt hatten, mussten wir tatsächlich jeden Tag neu ausprobieren. Berechenbar war das Brackenmädchen zu keiner Zeit.

An dem besagten Tag hatten wir frei und freuten uns auf die gemeinsamen Weihnachtstage. Wir hatten einiges zu tun, denn abgesehen von dem üblichen Haushalt und dem Weihnachtseinkauf mussten wir kurz nach Mittag das Pennymobil aufgrund einer gerissenen Frontscheibe zu jemandem bringen, der sie repariert bzw. der sie austauscht. Ihr wisst schon.

Leider war es so, dass ich mich an dem Tag nicht so gut gefühlt hatte. Ich hatte Kopfschmerzen und hatte mich darüber gefreut, dass der Große mir Penny abnahm und mit ihr Gassi gehen wollte. Das verschaffte mir ein freies Stündchen, das ich entspannt in der Badewanne verbringen wollte. So weit, so gut.

Der Große schnappte sich die Kleine und fuhr mit ihr an den Mittellandkanal, wo er mit ihr rund 2 km bis zum Waldrand und dann zurückgehen wollte. Sehr viel Zeit hatte er ja wegen des anstehenden Termins, zu dem er mich begleiten wollte, eigentlich nicht. Wie ich da so in der Badewanne lag und wellnesste, klingelte das Telefon. Der Große. „Penny kommt nicht zurück, ich kriege sie nicht wieder!“ knurrte er mit einem leicht verzweifelten Unterton in der Stimme, den ich in dieser Form selten von dem sonst sehr gelassenen Großen höre. Ich horchte auf. Wo er denn sei, fragte ich. Er beschrieb es mir, und ich verstand sofort. Er hatte einen kurzen Rückruf bei Penny getestet, der wohl problemlos funktioniert hatte. Ah, ein guter Tag also, dachte er und leinte sie ab – und sie gab Gas. Sie rannte wohl erst am Kanal auf und ab und dann übers Feld. Penny tobte und zog ein paar Kreise, doch auf Rufen reagierte sie nicht, und einfangen ließ sie sich erst recht nicht. Immer, wenn der Große recht nah an sie herankam und die Hoffnung wuchs, dem Theater zeitnah ein Ende bereiten zu können – zack, war sie wieder weg. Und ich kenne mein Mädchen. Sie fand das bestimmt wahnsinnig witzig und hätte damit nicht aufgehört, solange der Große mitspielte.

Ignoranz heißt das Zauberwort

Ich gab meinem Mann den Tipp, sich einfach umzudrehen, sie zu ignorieren und zum Auto zu gehen. Das klappte bei mir eigentlich immer, denn auch wenn die Madame von der großen, weiten Welt gerufen wurde, hatte sie in allerletzter Konsequenz doch Schiss, dass sie allein im Wald bleiben musste und nicht wieder mit nach Hause durfte. Der Große legte auf mit dem Versprechen, sich gleich wieder zu melden.

Kurz danach rief er wieder an. Der Hund sei nicht mitgekommen, er selbst sei jetzt am Auto, aber der Hund sei weg und in den Wald gerannt. Mein Mann war zu dem Zeitpunkt ehrlich besorgt und ein wenig wortkarg. Wie ich später hörte, war er quer übers matschige Feld hinter dem pubertierenden Köter hergerannt – und hatte dabei seinen Sneaker im Matsch verloren. Sorry, aber ich muss auch nach vier Jahren noch grinsen, wenn ich das schreibe. Mein Kopfkino läuft gerade auf Hochtouren.

Aber weiter im Text. Ich hörte ein paar Minuten nichts mehr vom Großen und rief ihn wieder an. Es wurde abgenommen, aber niemand sprach mit mir. Ich hörte nur wüstes Geschimpfe von… Moment, das war nicht mein Mann, sondern ein anderer! Er stritt mit jemandem! Oh, oh, ich stieg mal lieber schnell aus der Wanne und duschte mich ab, weil ich das Gefühl hatte, dass das so gar nichts Gutes verhieß. Gerade angezogen und Haare gekämmt rief der Große wieder an. „Du musst kommen, ich kriege sie einfach nicht!“, schrie er ins Handy. Der Große war vollends aufgelöst und seine Stimme bebte. Ich hatte mir das Schlimmste ausgemalt und auf der etwa fünf Kilometer langen Fahrt zu der Stelle, wo ich ihn vergeblich um Fassung ringen wusste, hatte ich schon überlegt, wo ich wohl unsere TASSO-Karte gelassen hatte.

Ich fuhr vor, und da standen sie: der Große mit Penny an der Leine, die sich mordsmäßig freute, mich zu sehen, und ein Opi. Dem Opi gehörte das letzte Haus von einer ganzen Reihe direkt an der Zufahrt zum Mittellandkanal. Spaziergänger parken dort gerne ihre Autos. Sein großer, schöner Garten war nicht eingezäunt, und Penny hatte sich vor lauter Übermut an den Beeten zu schaffen gemacht. Die Beete waren gerade erst für den Winter vorbereitet worden und demensprechend war Opi erbost, als Penny in den Beeten herumsprang, und immer, wenn der Große sich näherte, provokant anfing zu buddeln und ihn dabei schelmisch ansah. Kam er nah an sie heran, sprang sie ein Beet weiter und buddelte dort. Opi war kurz vor einem Herzinfarkt, versuchte Penny zu verscheuchen, was alles nur schlimmer machte, und pflaumte meinen Mann an. Nicht ganz zu Unrecht, klar, aber Vorwürfe und Kritik waren nun das Allerletzte, was der Große in diesem Moment gebrauchen konnte. Der Streit eskalierte so, dass Opi nicht nur damit drohte, die Polizei zu rufen, sondern auch die Presse einzuschalten. Wir in der Zeitung – fand ich einen charmanten Gedanken, behielt das aber lieber für mich.

Das Katzenfutter hatte alle Beteiligten gerettet!

Aber dann, dann machte selbst die superschlaue Penny einen folgenschweren Fehler: Sie war von der ganzen Rennerei und Buddelei nun ein bisschen hungrig geworden und roch in einem Schuppen eine offene Dose Katzenfutter. Und zack, Tür zu, Hund eingesperrt. Es war vollbracht.

Als ich den Großen sah, sehr schweigsam mit unbewegter Miene, ein Schuh normal, einer schwarz bis zum Hosenbein, dachte ich, es ist vielleicht besser, wenn ich den Hund in meinem Auto nach Hause bringe. Die Gefahr, dass mein Mann auf dem Weg nach Hause am örtlichen Tierheim hielt, war mir einfach zu groß. So ging ich mit der vor Freude hüpfenden Penny zu meinem Auto, der Große mit schmatzenden Schritten zu seinem. Alles war gut.

Na ja, nicht ganz…

Der Große hatte mehr als eine Woche kein Wort mit Penny geredet. Er hat sich sehr, sehr schwer getan, ihr diesen Vormittag zu verzeihen. Dass die Story auf Facebook so viele Likes und Lacher geerntet hatte wie keine zweite, tröstete ihn so gar nicht.

Ich hoffe, auch Beet-Opi kann wie wir mittlerweile über diesen Tag, den 22. Dezember 2017, ein bisschen lachen.

Übrigens: Die Netzschusspistole, die mein Mann sich nach dieser Erfahrung zu Weihnachten gewünscht hatte, hat er natürlich nicht bekommen.

Allerdings durfte Penny nie, nie… und ich meine wirklich nie mehr bei ihm frei laufen. 

Leave a Reply