Nachdem der erste Tag im neuen Zuhause geschafft und für alle sehr aufregend war, kam die erste Nacht, die die anfänglich ganz positive Situation leider komplett veränderte. Kiri hatte ihr Körbchen gegenüber von Pennys Körbchen in einem kleinen Durchgangszimmer zu unserem Schlafzimmer, konnte uns durch ein Hundegitter sehen und hören, doch es reichte ihr nicht. Die arme Kiri fand und fand keine Ruhe, obwohl sie von den Ereignissen des Tages komplett erledigt gewesen sein muss. Sie jaulte und weinte, kratzte an dem Hundegitter und schien keine Minute geschlafen zu haben. Wir übrigens auch nicht. Das brachte bei Penny die Stimmung zum Kippen und sie zog sich am Morgen in mein Arbeitszimmer in der ersten Etage zurück, wo sie immer hingeht, wenn ihr etwas zu laut oder zu anstrengend ist, oder wenn ihr etwas Angst macht. Und dort blieb sie tatsächlich – ein paar Wochen! Sie kam nur herunter, wenn ich sie zum Füttern oder zum Gassi herunterholte. Beim Gassi war sie interessiert, maßregelte Kiri aber recht oft, was die Spaziergänge laut und anstrengend machte, aber eigentlich wirkte sie in diesen Momenten nicht sehr unzufrieden. Aber kaum betraten wir wieder Haus und Garten, war Penny in ihrer Höhle unter meinem Schreibtisch verschwunden. Dort verbrachte sie sogar allein die Nächte. Es hatte keinen Sinn, sie zu zwingen, bei uns zu schlafen. Bei der ersten, kleinen Gelegenheit ergriff Penny wieder die Flucht.
Der Einschnitt, ihr Zuhause und vor allem uns mit ihrer neuen Mitbewohnerin zu teilen, war für die Prinzessin doch zu groß. Zudem ist Kiri ein Hund, der alles an sich reißt, keine Grenzen kennt und leider auch keinerlei Respekt hat – jedes Spielzeug gehört ihr, jede Aufmerksamkeit gehört ihr, jeder Platz gehört ihr, jedes Futter gehört ihr, wir gehören ihr. Wenn Penny mal einen zarten Anlauf nahm und sich uns zuwandte, schob sich Kira sofort dazwischen und drängte Penny weg, die sich nach jeder dieser Aktionen wieder tagelang verkroch.
Die falsche Entscheidung?
Ich war am Boden zerstört. Die Erfüllung meines Traums wurde zum Albtraum für Penny. Sie wurde aus ihrem sicheren Zuhause verdrängt, wusste nicht mehr, wohin mit sich. Es brach mir das Herz, sie eingerollt in der Schreibtischhöhle zu sehen. Manchmal hob sie den Kopf und ließ sich von mir streicheln, wenn ich zu ihr ging, manchmal aber regte sie sich gar nicht oder drehte sich weg. Ich habe mehr als einmal neben ihr in ihrem Körbchen gesessen und geweint, weil ich mich so schlecht und egoistisch gefühlt habe. Ich hatte die heile Welt meiner kleinen Prinzessin zerstört, dabei wollte ich ihr mit einer Weggefährtin etwas Gutes tun. Was mich am meisten schmerzte, war, dass Penny nicht mehr an ihren beiden liebsten Ritualen teilnahm. Morgens, wenn mein Mann aufsteht, ließ er Penny erst in den Garten, und bis er fertig war mit Duschen, durfte sie sich unter meiner Bettdecke an meinen Bauch kuscheln und noch ein paar Minuten schlafen. Wir beide haben dieses Morgenritual geliebt und gebraucht. Nun schlief Penny allein und Kiri lag morgens bei mir. Abends waren die Kuschelzeiten vor dem Fernseher ein fester Punkt in Pennys Leben. Nun ging sie schon um 18 Uhr nach dem Abendessen in ihr Körbchen unter meinem Schreibtisch und kam nicht mehr raus. Kiri hatte nach wie vor Angst vor der Wendeltreppe und konnte Penny in ihrem Rückzugsort nicht belästigen. Wollte sie auch gar nicht, denn sie genoss unsere ungeteilte Zuwendung in dieser Zeit.
Im Internet und im Austausch mit anderen Hundebesitzern erfuhr ich, dass dieser Zustand eigentlich nicht sehr unnormal ist, dass er sich aber nach zwei bis sechs Wochen normalisiert haben sollte, doch die Wochen und Monate (!) gingen ins Land, und nichts veränderte sich, egal was wir taten.
Irgendwann musste ich mir die Frage stellen, ob Kiri wirklich bei uns bleiben konnte. Der Gedanke, diesen Hund, der uns und auch Penny so innig liebte und der sich so sichtlich wohl bei uns fühlte, wieder wegzugeben, würde nicht nur mir, sondern auch Kiri das Herzchen brechen. Die Möglichkeit, dass sie bleibt und Penny sich weiter weggedrängt fühlt, bricht allerdings auch mein Herz und auch noch das meiner geliebten Penny. Egal, wie ich es drehe und wende, ich hatte das Gefühl, dass ich, egal wie ich mich entscheide, nicht gut aus der Nummer rauskomme.
Dabei gab Kiri alles! Sie war so interessiert daran zu lernen, wie man sich als Hund in einer Familie benimmt. Ich habe so ein Verhalten noch nie zuvor in dieser Form bei einem Hund gesehen. Sie guckte in die Spülmaschine, in die Schränke, wenn Geschirr hin und her getragen wurde, bis sie schließlich ihren leeren Napf nach dem Fressen in die Küche trug und vor die Spülmaschine stellte. Wenn mein Mann im Garten Grünschnittarbeiten erledigte, knipste sie auch kleine Äste ab und trug sie auf den Grünschnitthaufen, sie legte ihren Teddy auf den Wäscheberg. Ich konnte sie auf keinen Fall wieder weggeben.
Andererseits… sie machte auch nach Monaten keine Anstalten, stubenrein zu werden, was ein echtes Problem für uns darstellte. Sie war respektlos und grob im Spiel, machte viel kaputt, verletzte uns unabsichtlich mit ihren scharfen Krallen und Zähnen, warf uns nachts Bälle an den Kopf, wenn ihr langweilig war! Sie auszulasten war fast unmöglich, und so schlau sie im Alltag war, so doof stellte sie sich beim kleinen Hundeeinmaleins an. Es war bis heute nicht möglich, ihr die Grundkommandos beizubringen, weil ihre fehlende Konzentrationsfähigkeit, ihre ständige Aufregung und ihre wirklich extreme Fixierung auf Futter jedes langfristige Training unmöglich machen. Zudem konnte sie auch nach Wochen keine fünf Minuten alleine bleiben, ohne das Haus in Schutt und Asche zu legen, alles mit Stress-Pipi vollzumachen und offenbar Höllenqualen ohne uns zu leiden. Zum Glück durfte sie genau wie Penny mit mir ins Büro, so dass sie auch nicht alleine bleiben musste, doch da mein Mann sehr viel arbeitet und zudem pendelt, war es schon schwer, unseren Alltag so zu organisieren, dass 24/7 jemand bei den Hunden war. War dieser Hund doch eine Nummer zu groß für uns?
Kiri bleibt natürlich
Trotzdem… sie gehörte zu unserer Familie. Also musste eine Lösung für Penny her. Nein, natürlich nicht in Form eines neuen Zuhauses! Wir mussten Penny davon überzeugen, dass ihre neue Schwester zugegebenermaßen sehr anstrengend, aber auch eine Bereicherung für ihr Leben sein kann. Ich musste nur herausfinden, worin diese Bereicherung bestehen konnte und diesen Punkt herausarbeiten. So war der neue Plan, aber ich war alles andere als sicher, dass er funktioniert. Erst recht nicht, als ich hörte, wie Penny heimlich mit der Polizei telefonierte, um ihre neue Schwester abholen zu lassen (das lest ihr hier!).
Wenn ihr wissen möchtet, wie es mit den Mädels weiterging, schaut doch mal hier: Zwei Mädels wachsen zusammen.